Magazin

zum Bundespresseball

Willkommen im Online-Magazin des Bundespresseballs. Erfahren Sie Wissenswertes und schauen Sie hinter die Kulissen der Veranstaltung.


Eine klimaneutrale Ballnacht

Auch für den 70. Bundespresseball werden alle CO2-Emissionen kompensiert.
Mit der Unterstützung von ClimatePartner beteiligt sich der Bundespresseball an zwei Klimaschutzprojekten.

Die Partner des 70. Bundespresseballs

Neben vielen treuen Partnern konnten auch einige neue Unternehmen als Partner für den diesjährigen Bundespresseball gewonnen werden. Hier stellen wir sie Ihnen vor.

Klimaschutzprojekte erklärt

Etablierte und anerkannte Prozesse zur Überprüfung der Klimaschutzprojekte stellen ihre Qualität und Wirksamkeit sicher. Wie das funktioniert, erklärt ClimatePartner.

Musik liegt in der Luft

Vom Solo-Künstler über ein altbekanntes Duo bis hin zur After-Show-Band: die Künstler und Live-Musiker des Bundespresseballs im kurzen Porträt vorgestellt.

DJ FOX | Ballsaal

Carsten Melzer alias DJ Fox gehört zu den meistgebuchten DJs in und um Berlin. Er spielt alles, was die Herzen der Ballgäste höherschlagen lässt: Black Music, House, Latin und Disco Hits. Beim Bundespresseball garantiert er einen bunten Mix für alle, die bis zum Morgengrauen durch die Nacht tanzen wollen.
www.djfox.de

 

DIE BIG BAND DER BUNDESWEHR | Ballsaal

»Seit ihrer Gründung vor mehr als 40 Jahren sorgt sie für den guten Ton – und das weltweit«, so beschreibt Hauptmann und Tourmanager Johannes M. Langendorf sein Live-Orchester. Von »It’s Raining Men« über »Let Me Entertain You« bis hin zu »Simply The Best«: Das Ensemble Präsentiert sich stets als musikalischer Botschafter der Bundeswehr, natürlich in Uniform.
www.bigband-bw.de

 

THE LIVE SOCIETY | Ballsaal

Zur After-Show-Party im Ballsaal gibt es ein Wiedersehen mit der beliebten Band The Live Society. Sie hat ihren großen Auftritt im Anschluss an die Big Band der Bundeswehr. The Live Society steht für außergewöhnlich charismatische Stimmen. Hier erwarten Sie Soul, Funk und die aktuellen Dancecharts. Let’s dance!
www.live-society.de

 

ERIK & MARKUS | 1907 Bar*

Ein Bundespresseball ohne Erik & Markus? Kaum vorstellbar! Das beliebte Gitarren-Duo ist seit 2009 fester Bestandteil des Bundespresseballs und spielt exzellente Live-Musik in der 1907 Bar im Erdgeschoss. Pop, Evergreens, Oldies und Schlager – mitreißend und zum Mitsingen!
www.facebook.com/erikundmarkus

 

MISTER LOOP | Hapag-Lloyd Cruises Lounge

Erleben Sie Tanzmusik einmal komplett neu: Mister Loop ist eine Ein-Mann-Band, klingt aber wie eine ganze Combo. Der Sänger Rudy Bax performt mit Gitarre und Loopstation bekannte Popsongs und beliebte Klassiker: akustisch, hintergründig und gleichzeitig absolut tanzbar.
www.instagram.com/misterloopband

 

BIRDDOGS | Lobby

Die Band Birddogs rund um die sympathischen Frontmänner Felix Franke und Peter Hemsing gehört zu den gefragtesten Coverbands in Berlin. Ihr Repertoire umfasst beliebte Pop- und Rocksongs: Hier steht kein Tanzbein still!
www.birddogs-music.de

 

ERIC KNOW feat. ROOL | Foyer Palaissaal

Eric Fedtke alias DJ Eric Know sorgt für musikalische Vielfalt im Foyer des Palaissaals. Besonderes Highlight: Zusammen mit Saxophonist Oleg »Rool« Rovner kombiniert er verschiedene Musikgenres und interpretiert bekannte Tracks völlig neu.
www.eric-know.de

 

DJane Annie O

Getreu ihrem Motto „Born to be bunt“ verbreitet Annie O locker-(f)lockig gute Laune mit funkigen Beats und schillernden Outfits. Die Künstlerin mit Karrierehintergrund begann in London als Schlagzeugerin und entwickelte nebenher ihre DJ-Skills. Heute ist sie unter anderem als Resident DJ im KitKatClub unterwegs und gewinnt jede Tanzfläche für sich.
www.annie-o.de

Interview zur Pressefreiheit

»Auch in Deutschland muss die Pressefreiheit verteidigt werden.« Freier und unabhängiger Journalismus sei auch hierzulande kein Selbstläufer, sagt der renommierte Journalistik-Experte Horst Pöttker.

It takes two to tango

Für die Engländer braucht es zwei, um Tango zu tanzen, in Deutschland ist dergleichen auf zwei Hochzeiten gleichzeitig verpönt. Der Tanz hat in allen Sprachen Spuren hinterlassen. Wussten Sie zum Beispiel, dass der Begriff »Ball« ursprünglich aus dem Französischen kommt? Oder dass der Kummerbund eines Smokings nichts mit dem deutschen Wort »Kummer« zu tun hat?

Ball

Die Bezeichnung »Ball« für eine Tanzveranstaltung hat nichts mit dem beliebten Spielgerät zu tun, sondern stammt aus dem Französischen. »Bal« ist eine Abkürzung des französischen Verbes »baller«, das »tanzen« bedeutet. Seinen Ursprung hat »baller« wiederum im Latei-nischen: »ballare« heißt übersetzt »tanzen« und »hüpfen«.

Aus der Reihe tanzen

Wer sich nicht an verbindliche Regeln hält oder etwas Ungewöhnliches tut, tanzt aus der Reihe. Ursprünglich hieß es Reigen, nicht Reihe. Der Reigen war im Mit­telalter ein besonders beliebter Tanz. Die Tanzenden bildeten dabei entweder eine Kette oder sie standen paarweise hintereinander. Wer aus der Reihe tanzt, fällt also aus dem Rahmen.

Kummerbund

Von wegen Kummer! Der Kummerbund hat nichts mit dem deutschen Wort »Kummer« zu tun, sondern wird aus dem Persischen und dem nordindischen Hindustani von »kamarband« abgeleitet, was auf Deutsch »Hüft­band« heißt. Kummerbund bezeichnet ein Taillen­band oder eine breite textile Leibbinde, die als Teil eines Smokings oder einer Tracht getragen wird. Aus »kamarband« wurde phonetisch das englische Wort »cummerbund«, im Deutschen: Kummerbund.

Orchester

Musik gehört zu einem Ballabend wie die Fliege zum Smoking. Ein groß besetztes Instrumentalensemble, auch als Orchester bekannt, darf bei keinem Tanz­ball fehlen. Der Begriff »Orchester« bezeichnet dabei ursprünglich nicht eine Gruppe von Musikerinnen und Musikern, sondern den halbrunden Tanzplatz vor der Bühne eines griechischen Theaters, auf dem ein Chor sang und tanzte.

Hier steppt der Bär!

Nichts ist unmöglich, wenn es heißt: Hier steppt der Bär! Die bekannte Redewendung geht bis ins Mittel­alter zurück. Damals gab es vor allem auf dem Land kaum Abwechslung zum harten Arbeitsleben. Einzige Ausnahmen: Jahrmärkte oder Wanderzirkusse, die durch die Lande zogen. Beliebt beim Volk waren vor allem die dressierten Tanzbären. Die Tiere zeigten Kunststücke und tanzten sogar zu Musik. Der Bär war los! Herrscht heute irgendwo ausgelassene Stimmung, steppt deshalb immer noch der Bär – auch ohne Jahr­markt und Wanderzirkus.

Tüll

»Quelle surprise!« Das netzartige, halbdurchsichtige Gewebe Tüll, das man vor allem von den Tutus der Ballerinen im Ballett kennt, verdankt seinen Namen seiner französischen Heimatstadt Tulle. Tulle wurde im 19. Jahrhundert für dieses feine Gewebe bekannt. Aus der Mode ist der beliebte Stoff auch heute nicht wegzudenken: Aktuell findet sich Tüll zum Beispiel auch bei den märchenhaften Roben der diesjährigen Modestrecke (Seite 34).

Smoking

Ballkenner wissen: »Black Tie« ist der Dresscode, bei dem der Smoking für die Herren unverzichtbar ist. Aber Moment! Smoking ist doch das englische Wort für Rauchen! Genau dafür war das »smoking jacket« ursprünglich auch gedacht: Die Raucher oder »Smoker« zogen es über, wenn sie in den Rauchsa­lon gingen, zu dem die Damen keinen Zutritt hat­ten. Wenn sie den Salon verließen, legten sie den Smoking wieder ab, um die Damen nicht mit dem unangenehmen Geruch zu belästigen. Im britischen Englisch heißt er übrigens »dinner jacket«, in den USA nennt man ihn »tuxedo«, oder kurz: »tux«. Er verdankt seinen Namen dem Tuxedo Club bei New York. Griswold Lorillard, Sohn eines einflussreichen Tabakmagnaten, erschien in diesem elitären Club im Herbst 1886 im zipfellosen »dinner jacket«: ein unerhörter Verstoß gegen die damalige Etikette und zugleich die Geburtsstunde des »Tuxedo«-Stils. Bis dahin war der Frack mit den typischen »Schößen« auf der Rückseite Pflicht. Die »Zipfel« oder »Schöße« bezeichnen den Teil eines Herrenrockes, der mit einer Taillennaht unterhalb der Taille angesetzt wird. Egal ob Großbritannien, Deutschland oder Amerika: Ein absolutes Smoking-No-Go ist und bleibt aber weiterhin ein Gürtel.

Zylinder

Der elegante Zylinder (von lateinisch »cylindrus«, auf Deutsch: »Rolle«, »Walze«) ist ein hoher, steifer, häufig schwarzer Herrenhut mit zylindrischem Kopf und fester Krempe. Er wird vor allem bei festlichen Anlässen getragen, fungiert aber auch als Teil mancher Berufskleidung, zum Beispiel von Kaminfegern, Kutschern oder Dressurreitern. Wer möchte, trägt zum Smoking am Ballabend auch einen schwarzen Zylinder.

Walzer

Zur Entstehungsgeschichte des Begriffes »Walzer« gibt es zwei mögliche Erklärungen: Eine Bedeutung des deutschen Verbs »walzen« ist »drehen«. »Walzer tanzen« erklärt sich demnach von der drehenden Bewegung der Füße auf dem Boden. In seiner zwei­ten Bedeutung ist »walzen« gleichzusetzen mit »auf der Walz sein«. Die »Walz« oder auch »Tippelei« bezeichnet die Zeit der Wanderschaft von Hand­werksgesellen nach dem Abschluss ihrer Lehrzeit. Im Kaiserreich durfte der beliebte Tanz übrigens nur rechtsherum getanzt werden, denn der Linkswalzer war wegen der innigen Berührung des Tanzpaares zunächst verpönt.

Robe

Häufig wird vermutet, der Begriff »Robe« komme aus dem Französischen, dabei stammt »Robe« ursprünglich vom althochdeutschen Wort »Roub« ab. Im Laufe der Zeit wurde aus »Roub« dann die »Robe«. »Rouban« meinte früher das gewaltsame Herunterreißen der Rüs­tung von besiegten Kriegsgegnern. Die erbeutete Klei­dung kennzeichnete den Gewinner des Kampfs und fungierte gleichzeitig auch als Siegestrophäe.

Manschette

Eine Manschette (französisch »manchette«, über­setzt auf Deutsch: »Ärmelchen«) wird abgeleitet vom Lateinischen »manus«, »die Hand«. Eine Manschette bezeichnet den untersten Abschluss des Ärmels, der normalerweise an der Hand und um das Handge­lenk liegt, besonders an Bluse oder Hemd. Mit einem Manschettenknopf wird die Manschette traditionell geschlossen. Die bislang teuersten Manschettenknöpfe der Welt sind eine Sonderanfertigung mit Diamanten und kosten knapp 200.000 Euro.

„It takes two to tango.“

Im Deutschen könnte man »It takes two to tango« übrigens am ehesten mit »Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.« übersetzen. In beiden Fällen braucht es mehr als einen. Gut zu wissen: Sprichwörter und Witze lassen sich meistens nicht wörtlich in die jeweilige Fremdsprache übersetzen, jede Kultur tickt schließlich etwas anders. Man denke nur an »Andere Länder, andere Sitten«, das dem englischen »When in Rome, do as the Romans do« entspricht.

von Judith Pfaller
(Erschienen im Magazin GLANZ zum 70. Bundespresseball, Dezember 2022)

Vom Algenkleid bis zum perfekten Tanzschuh

textil + mode sorgt nicht nur für recycelte Einlassbändchen auf dem Bundespresseball.
»Mode aus Deutschland steht für Glanz und Können«, sagt Ingeborg Neumann, Präsidentin des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie.

Textile Ausbildung in Deutschland: Früh übt sich, wer eine Meisterin oder ein Meister werden will.

Ein Abendkleid aus Meeresalgen hat es schon einmal auf den Bundespresseball geschafft und stieß prompt auf das Interesse von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender. Studentinnen und Studenten der Hochschule Niederrhein hatten sich das Thema Wandel vorgeknöpft und zeigten den Gästen des Bundes­presseballs, dass auch Abendrobe einzigartig nachhaltig sein kann.

Ingeborg Neumann, Präsidentin des Gesamtverbandes der deut­schen Textil- und Modeindustrie: »Unsere 1.400 mittelständischen Textilunternehmen in Deutschland haben jungen Menschen eine große Vielfalt an dualen Ausbildungsberufen anzubieten. Dabei spielen Digitalisierung und Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle, auch an den Hochschulen, wenn es in den Studiengängen um Design und Herstellung geht.«

Bei Go Textile!, #RunYourFuture und #DontWaitCreate zeigt die Branche die ganze Bandbreite von Ausbildungsberufen, die von Mode bis Spezialtextilien, von kreativen bis zu gewerblich-technischen Berufen reicht.

»Für mich als Gründerin und mittelständische Unternehmerin ist die Ausbildung junger Menschen zentral. Nur mit gut ausgebildeten Fachkräften werden wir auch in Zukunft werthaltige Textilien und Mode produzieren und unseren Beitrag leisten können, wenn es um Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und CO2-Neutralität geht. Dank des textilen Wissens und Könnens in unseren Unternehmen und textilen Ausbildungs­zentren gibt es all das, was wir am Abend des Bundespresseballs in so großer Vielfalt bestaunen können: edle Stoffe, herausragendes Design und hoffentlich bequeme Tanzschuhe.«

Anlässlich des 70. Bundespresseballs fragt der Gesamtverband textil+mode zusammen mit dem Bundesverband der Schuh-und Lederwarenindustrie, HDS/L, im Rahmen seines Nachwuchs-Podcasts »HÖR MAL ZU(KUNFT)!«: Wo drückt der Schuh – wie schaut eigentlich der perfekte Tanzschuh aus?

Advertorial „Ausbildung in der Textil- und Modeindustrie“ von textil + mode
(Erschienen im Magazin GLANZ zum 70. Bundespresseball, Dezember 2022)

Das Leben ist ein langer Tanz

Keine Institution hierzulande bringt den Menschen länger das gesittete Verhalten auf dem Parkett bei als die Tanzschule Schaller im Thüringischen Altenburg. Wie vermittelt man mit knapp 185-jähriger Geschichte Etikette und Werte – und bleibt trotzdem am Puls der Zeit? Und warum kann ein Gesellschaftstanz niemals aus der Mode kommen?

In 184 Jahren hatte sie nur drei Mal geschlossen: in beiden Weltkriegen und während der Corona-Pan­demie. Doch sonst wird in der Tanzschule Schaller wei­tergesteppt und geschwoft, als wäre das Leben ein ewiger Tanz. Heute, in der mittlerweile fünften Genera­tion, führen die Schwestern Therese (33) und Henriette (38) Deutschlands älteste Tanzschule in Altenburg. »Unsere Eltern haben uns die Berufswahl freigestellt, wir wurden nie gedrängt. Wir sind hier hineingewachsen, verbrachten unsere Kindheit im Tanzsaal – und wollten auch nie etwas anderes machen«, erzählt Therese Schaller. Die Schwestern sind Tanzlehrerinnen, auch für Formations-und Sport­tanz, und sie bilden Tanz­lehrkräfte aus. 2011 haben sie das Zepter von ihren Eltern übernommen und sind nun Geschäftsführerinnen. Ihre Mutter Birgit war einst Schülerin an der berühm­ten Palucca Hochschule für Tanz in Dresden und tanzte im Berliner Friedrichstadt-Pa­last. Sie verliebte sich in Ulrich, der als Solotänzer 21 Jahre an der Dresdner Staatsoper engagiert war und die Tanzschule seiner Eltern in Altenburg weiter-führen wollte. Und so unter­richtet die heute 63-Jährige noch täglich Ballett für Kin­der und denkt nicht ans Auf­hören.

1839 wurde die Tanzschule gegründet

Väterlicherseits geht die Tanz-Dynastie bis zum Urur­großvater zurück. 1839 begann Friedrich Schaller, Menschen das Tanzen beizu­bringen. Damals ein Novum, denn Tanzschulen für Bürger und Bauern gab es bis dato nicht. Tanzmeister unter­richteten die Adeligen als geschlossene Gesellschaft am Hofe. Die »Altenburger Nachrichtenblätter« berich­teten damals, dass Schaller »mittwochs und sonnabends von drei bis fünf Uhr einen Sommerkurs im Turnen und Tanzen durchführen« würde. Und er »tut auch Bier auf«. Das Konzept kam an. 1879 übernahm sein Sohn Arno das blühende Geschäft – und so ging es weiter und immer weiter. Bis heute.

Was braucht es, um eine Tanzschule zu leiten? »Talent fürs Tanzen macht vielleicht zehn Prozent aus, der Rest sind Fleiß und Disziplin«, weiß Henriette. Was es tat­sächlich brauche, ist etwas, was einen auch durch schwere Zeiten trägt: Liebe und Leidenschaft für den Beruf. »In der Pandemie hatten wir Existenzängste«, sagt Therese. Zwar gab es ein Online-Angebot, »aber die Leute wollten zu uns in den Tanzsaal kommen, die Atmosphäre spüren, dieses Gemeinschaftsgefühl.« Mitt­lerweile hat die 33-Jährige wieder Arbeitstage, an denen sie mit Kindertanz für Dreijährige beginnt und mit einem Kurs für Siebzigjährige aufhört. Alle Generationen fühlen sich auch heute noch von der Bewegung zur Musik angezogen. Und selbst der Klassiker, die Tanzstunde für die Achtklässler, erfreut sich großer Beliebtheit. Häufig kommen ganze Schulklassen geschlossen, um Walzer, Cha-Cha-Cha und Jive zu lernen. »Die Jugendlichen finden es schön, sich mal schick zu machen. Sie sind zum ersten Mal in ihrem Leben in der Situation, auf das andere Geschlecht einen guten Eindruck machen zu wollen«, sagt Therese. Der Abschlussball sei jede Saison wieder ein großes Highlight. Er findet in einem Kulturhof mit großem, repräsentativem Saal und Galerie statt.

»Lambada« bescherte einen Boom

Die knapp 185-jährige Tanzschule lehrt zwar klassische Tänze und Etikette, geht aber mit der Zeit und ist bei TikTok, Instagram und Facebook vertreten. »Die jungen Leute filmen sich beim Tanzen, sie laden ihre Videos in die sozialen Netzwerke hoch und ›vertaggen‹ uns. Ohne diese Form der Werbung geht es heute nicht mehr«, ordnet Henriette ein.

Interessante Phasen gab es für den Tanz immer wieder. Zu Zeiten der DDR etwa musste penibel darauf geachtet werden, nicht zu viel westliche Musik aufzulegen. »Weil Tanzschulen Orte sind, in denen Menschen zusammen­kommen, können sich Parolen verbreiten. Damals musste man genau wissen, wem man was erzählen konnte«, sagt Henriette. Weil in der DDR das Tanzen gesell­schaftlich wie auch sportlich einen hohen Stellenwert hatte, kamen Schallers gut durch die Jahrzehnte des Sozialismus. Legendär sind Joachim Schallers Eröff­nungsworte eines jeden Balls: »Meine Regierung und ich begrüßen Sie auf das Herzlichste.« Gemeinsam mit Lieselotte führte Joachim die Tanzschule von 1930 bis 1989.

Auf das, was nach der Wende passieren würde, waren die Schallers bei aller Flexibilität nicht vorbereitet: Ein nie dagewesener Tanz-Boom sollte ein neues Zeitalter einläuten. Erst einmal waren da all die neuen Musikeinflüsse aus dem Westen – das fühlte sich in einer Stadt mit knapp 36.000 Einwohnern wie die ganz große Freiheit an. Aber da war auch ein neuer, »ver­botener« Tanz, nach dem die Menschen verrückt waren: Lambada. 1989 löste er einen nie dagewesenen Hype aus, die Tanzschulen konnten sich kaum retten vor Begeisterten, die den Rhythmus auch in ihrem Blut ent­decken wollten. Der Song verkaufte sich in Deutschland zwei Millionen Mal, er blieb zehn Wochen auf Platz eins der Charts. Und die Tanzkurse waren ausgebucht.

Mit Discofox und Walzer glänzt man immer

Dann folgte der Hip-Hop-Boom in den Neunzigern. Noch heute sind Jugendliche verrückt danach, die »Moves« zu erlernen – Schallers haben extra eine Leh­rerin für Hip-Hop eingestellt. Aber auch Formations-tanz und Rock’n’Roll erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Manchmal kommt es den Schwestern Schaller vor, als sei die erfolgreiche ZDF-Fernsehreihe »Ku’damm 56«, die von Familie Schöllack und ihrer Tanzschule in der Nachkriegszeit im Berliner Westen erzählt, ein Film über ihre eigene Familie. »Wir erken­nen viele Parallelen. Es ist schon irre, wenn man sich vor Augen führt, dass unsere Tanzschule damals ja auch schon existierte«, sagt Therese.

In den vergangenen fünfzehn Jahren hat der Gesell­schaftstanz durch Formate wie die RTL-Sendung »Let’s Dance« einen Aufschwung erlebt. Auch in der Tanz­schule Schaller ist die Show immer wieder Gesprächs­thema bei den Tanzschülern. »Let’s Dance hat heute nicht mehr viel mit Gesellschaftstanz zu tun, es geht viel um Hebefiguren, das ist mir zu affektiert. Mehr bei den Basics zu bleiben, würde mir besser gefallen«, sagt Henriette. Sie ist sich sicher: Gesellschaftstänze werden nie aus der Mode kommen, weil sie auf dem Parkett Werte und Sicherheit vermitteln.

Für alle Tanzmuffel haben die Schwestern Schaller auch noch einen Tipp für den nächsten Ball: Mit Discofox und einem langsamen Walzer glänzt man immer. Und überhaupt: Nicht tanzen können, das gibt’s gar nicht. »Gerade Männer bleiben gerne mal von der Tanzfläche fern und winken mit den Worten ab: Ich tanze nicht. Obwohl sie vielleicht gerne würden. Meistens haben sie mal eine schlechte Erfahrung gemacht«, meint Therese. Dabei sei der Tanz gerade auf einem Ball so wichtig – ohne ihn wäre er doch bloß eine Stehparty, auf der man Champagner trinkt und Häppchen isst. Noch heute sei der Paartanz eine ganz spezielle Form der Intimität: diese wenigen Minuten auf der Tanzfläche, in der sich zu Musik und Tanzschritten ein wenig Magie einstellt. »Letztlich ist ein Tanz die wunderbare Gelegenheit, als Paar Zusammengehörigkeit zu demonstrieren«, resümiert Henriette. Weil es immer weniger Bälle gibt, wäre es doch zu schade, bei diesen seltenen Gelegenheiten dann nicht mit Freude zu tanzen.

Übrigens: Die alte Regel, dass der Herr führt, gilt auch heute noch. »Die Dame muss sich führen lassen. Das ist natürlich schwierig bei einer Tanzlehrerin. Aber wenn man das schon eine ganze Weile macht, lernt man, wie man den Herren führt, ohne dass er es mitkriegt«, sagt Henriette und lacht.

Die nächste Generation läuft sich in der Tanzschule Schaller bereits warm: Die Kinder von Therese und Henriette, erst fünf und zwölf Jahre alt, hat das Tanzfieber schon gepackt. Deren Väter haben mit Tanzen wenig Berührungspunkte. Was prak­tisch ist, denn so ein Tag in der Tanzschule geht in der Regel bis 22 Uhr. Oder wie es Henriette formuliert: »Das ist ein 24/7-Job.« Das Leben ist eben ein ewiger Tanz.

Das Interview mit den Schwestern Therese und Henriette Schaller, die in fünfter Generation die Tanzschule leiten,
führte Kira Brück.
(Erschienen im Magazin GLANZ zum 70. Bundespresseball, Dezember 2022)

Grenzenlos tanzen

Tanz ist mehr als rechts, links, vor, zurück. Ob im Alter, mit Handicap, als Therapieform oder künstlerisches Stilmittel: Tanz bewegt und eröffnet neue Perspektiven, im Kopf und im Körper. Der Bundespresseball im Gespräch mit Menschen, die Grenzen übertanzen.

Tanz bringt uns in andere Denkräume.

»Ich habe schon früh angefangen, Theater zusam­men mit Text und Tanz zu denken. Tanz kann etwas ausdrücken, wo die Sprache nicht hinkommt. Mit Tanz kann man sich verbinden, ohne sich zu berüh­ren – gerade in diesen Zeiten, die geprägt sind von Kontaktsperren, sozialer Distanz und der Angst vor einer Infektion. Mich interessiert, was den körperli­chen Zustand der Menschen beeinflusst. Wie gehen wir als Gesellschaft mit Isolation um, mit Einsamkeit oder Überarbeitung? Tanz in meinen Arbeiten nimmt gesellschaftliche Zustände auf und untersucht, wie sie sich auf die Körper der Menschen auswirken. Diese körperlichen Zustände beeinflussen, wie die Tänzer sich in meinen Stücken bewegen. Sie übertragen das Gefühl des Textes in Bewegung. Musik beeinflusst den Tanz dabei maßgeblich und ist sehr wichtig, schon alleine durch die Frequenzen, die den Körper stimu­lieren. Meine Arbeit ist immer mehrdimensional. Die Zuschauer sollen nicht nur intellektuell, sondern auch emotional angesprochen werden. Tanz bringt uns in einen Zustand, wo wir offener und gelöster sind. Wir kommen auf eine andere körperliche Ebene, wo unser Geist dann auch anders reagiert. So erweitert Tanz immer wieder den Horizont.«

Falk Richter (52) ist ein deutscher Regisseur und Autor. Sein jüngstes Theaterstück, TOUCH, das im Oktober 2020 an den Münchner Kammerspielen Premiere feierte, war das erste unter der neuen Intendantin Barbara Mundel. TOUCH, das unter strengen Corona-Auflagen im Sommer 2020 entstand, thematisiert die Folgen der Pandemie als eine Phase des tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbruchs.

 

Einfach mal die Diagnose vergessen.

»Tanz ist so fest in meinem Leben verankert, dass ich mir einen Alltag ohne Tanz gar nicht mehr vorstellen kann. Ich habe lange professionell getanzt und an Turnieren teilgenom­men. 2016 habe ich zusammen mit der Stiftung Perspektiven ein Tanzprojekt für Krebspatienten ins Leben gerufen. Für meine Schüler in diesen besonderen Kursen bedeutet Tanzen einfach mal abschalten, an etwas anderes denken als an ihre Erkrankung. Sie erleben Gemein­schaft, fühlen sich wohl und kön­nen sich auf Augenhöhe begeg­nen. Durch diese Arbeit habe ich erst die vielen anderen Facetten des Tanzens kennengelernt. Tan­zen bedeutet Interaktion. Es ist nicht einfach nur bloßer Sport, bei dem man nebeneinander herhüpft. Tanzen ist Kommunikation. Es lebt von Entscheidungen, zum Beispiel ›führen‹ und ›folgen‹. Der Paartanz im Speziellen bedeutet höchstes Ver­trauen. Er bindet das Paar in sich viel mehr. Tanzen kann die Seele heilen und schlechte Gedanken und Erlebnisse vergessen machen. Ganz persönlich würde ich sagen: Tanz war mein Zugang zur Welt und zur Kommunikation mit anderen. Ich bin viel offener und beurteile weniger. Wenn ich tanze, freue ich mich ein­fach an der Bewegung und katego­risiere nicht.«

Tobias Wozniak wurde 1985 in Berlin-Spandau geboren und tanzt, seitdem er 13 Jahre alt ist. Nach einer erfolgreichen Karriere als Profiturniertänzer arbeitet er heute als freier Tanzlehrer in Berlin.

 

Wenn man den Rollstuhl nicht mehr bemerkt, haben wir es geschafft.

»Tanz hat für uns mit Überleben zu tun. Wenn wir mit­einander tanzen, vergessen wir alles um uns herum. Unsere Tanzkarriere war in den vergangenen Jahren immer wieder geprägt von der schweren Erkrankung meines Mannes. Die gemeinsame Bewegung und die Musik haben uns gerade in dieser Zeit geholfen, wieder nach vorne zu blicken. Ob auf dem Kranken­hausflur oder zu Hause: Das Tanzen hat uns gerettet und tut es noch. Es gibt uns die Energie, all die Dinge zu tun, die uns wichtig sind und die das Leben für uns lebenswert machen. Heute sind wir Deutscher Meister im Rollstuhltanz in der Sektion Standard. Wenn man als Zuschauer den Rollstuhl vergisst und ihn gar nicht mehr bemerkt, dann haben wir es geschafft. Tanzen hat ja nicht nur etwas mit den Füßen zu tun. In der Disco hat man auch nicht viel Platz, um Schritte zu machen, aber der Körper bewegt sich. Das ist das Wichtigste: Dass man das, was noch beweglich ist, bewegt. Heute wird unser Leben geführt durch das Tanzen. Wir trainieren dreimal die Woche und arbei­ten mit verschiedenen Trainern. Das Leben muss nicht vorbei sein, wenn man im Rollstuhl sitzt. Wir wollen zeigen, dass man trotzdem am Leben teilhaben und eine Menge Spaß dabei haben kann.«

Andrea Naumann-Clément (60) und Jean-Marc Clément (66) tanzen seit 20 Jahren miteinander. Sie sind amtierende deutsche Meister im Rollstuhltanz in der Sektion Standard.
Jean-Marc Clément ist kurz nach Redaktionsschluss leider verstorben. Die Redaktion hat sich dazu entschieden, den Text unverändert abzudrucken, um an einen herausragenden Tänzer zu erinnern. Unsere aufrichtige Anteilnahme und unser herzliches Beileid gilt seiner Ehefrau und seiner Familie.

 

Tanzen ist unser Lebenselixier.

»Wir haben durch das Tanzen nicht nur viel erlebt, sondern auch die halbe Welt bereist. Damit hatten wir nicht gerechnet, als wir vor 40 Jahren angefangen haben. Damals wollten wir einfach etwas zusammen machen und uns auspowern. Heute ist das Tanzen unser Leben, vor allem Boogie-Woogie hat es uns ganz besonders angetan. Anders als bei klassi­schen Standardtänzen kann man beim Boogie-Woogie improvisieren und die Musik interpretieren. Wir waren durch das Tanzen so viel unterwegs, da haben wir gar nicht bemerkt, dass wir alt geworden sind – vielleicht vom Körper, aber nicht vom Geist. Wir sind durch das Tanzen auch sehr viel mit jungen Leuten zusammen. Natürlich wird man ein bisschen langsamer im Alter. Boogie-Woogie und Rock‘n’Roll sind ja schnelle Tänze. Aber wir versuchen, uns einfach weiter fit zu halten, und trainieren auch heute noch zweimal die Woche. Wenn die Menschen mehr tanzen würden, würde es auf jeden Fall weniger Ärger geben. Tanzen erweitert den Horizont. Es gibt keine Grenzen, wenn man tanzt. Jeder ist Teil der großen Tanzfamilie. Das haben wir auf so vielen Events und Turnieren erlebt. Tanzen hat uns aber auch als Paar immer wieder zusammengebracht. Das hat unserer 52-jährigen Ehe sehr gutgetan.«

Nellia (68) und Dietmar Ehrentraut (74) haben vor 40 Jahren angefangen, miteinander zu tanzen. Ihre Leidenschaft gehört der Musik und dem Tanz der 40er-, 50er- und 60er-Jahre. Ein Video, auf dem sie bei einem Tanzturnier Boogie-Woogie tanzen, wurde bereits millionenfach angesehen.

von Judith Pfaller
(Erschienen im Magazin GLANZ zum 69. Bundespresseball, Dezember 2021)

Faszination Ballkultur

Seit Jahrhunderten gilt ein Ball als Höhepunkt des gesellschaftlichen Kalenders. Doch seit wann treffen wir uns überhaupt zum festlich organisierten Tanz? Und was fasziniert uns heute an ihm?
(Foto: Maskenball im Spiegelsaal von Versailles, picture-alliance/maxppp)

Es gab eine Zeit, da wurde in Tanzlehrbüchern davor gewarnt, bestimmte Bälle zu besuchen. Tatsache! Die gesundheitlichen Folgen übertriebenen Tanzens könnten nämlich lebensgefährlich sein: Wer sich im schnellen Walzer durch den Raum dreht oder gar den noch schnelleren Galopp tanzt, riskiere zu überhitzen. Daraus folge schnell eine Erkältung, dann eine Lungenentzündung und schließlich der Tod. Im 18. und auch im 19. Jahrhundert war ein Ballbesuch also nicht immer ein Vergnügen, sondern eine Verpflichtung der höfischen Gesellschaft gegenüber dem Herrscher. Wer schwänzte, musste einen Verlust an Ansprüchen in Kauf nehmen. Also erschien man besser. Von einem entspannten Abend konnte aber keine Rede sein: »In den Ballsälen war die Luft schlecht, die Damen sind häufig in Ohnmacht gefallen. Dazu keine adäquaten Tanzböden und unbequeme Schuhe«, sagt Monika Fink, Professorin am Musikwissenschaftlichen Institut der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Innsbruck. Die Expertin forscht seit Jahrzehnten zur Kulturgeschichte des Gesellschaftstanzes. »Das festlich organisierte Tanzen in Form von Bällen ist seit Ende des 14. Jahrhunderts nachweisbar. Aber die eigentliche zeremonielle Ballkultur entstand ganz eindeutig mit Ludwig XIV. in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts. Da hat sich am Hof von Versailles mit Prestigecharakter und Zeremoniell genau das herausgebildet, was in den folgenden Jahrhunderten die Ballkultur ausmachen sollte«, erklärt Monika Fink.

Am Hof von Versailles ging es also los mit der Demonstration von Macht und Prunk. Tanz als Abbildung von Herrschaftsstruktur. Von wegen lässig das Tanzbein schwingen! Die Tänze waren formal geregelt. Es stand strikt fest, wer mit wem wann welchen Tanz tanzt. Und diese Tänze waren immer vorwärts gerichtet – auf das Herrscherpaar zu. Logisch, dass die Ballsäle deshalb rechteckig angelegt waren. »Erst später, als in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts die Rundtänze aufkamen, wurden die französischen Barocktänze langsam in den Hintergrund gedrängt und die Ballsäle quadratisch. Tänze sind immer ein Abbild der Gesellschaft – und das war ein geradezu demokratischer Moment«, sagt Monika Fink.

In Österreich gibt es noch heute eine in der Ballsaison ausgefeilte Ballkultur. »Die Liebe der Österreicher zum Ball kam mit dem Wiener Opernball. Der wurde eigentlich nicht in Wien, sondern in Paris erfunden«, weiß Monika Fink. Dort fanden bereits im 18. Jahrhundert erste ungezügelte Maskenbälle an der Oper statt. Den Wiener Opernball gibt es erst seit 1935. Er war prägend für eine ganze Nation – und wird noch heuteweltweit kopiert. Er enthält alles, was die Ballkultur ausmacht: Zeremonienmeister und Ballordnung, große Roben, Einzug der Debütanten, Walzer, die Einbeziehung der Künstler und eine Mitternachtseinlage.

Auch in Deutschland konnte die europäische Ballkultur bis heute überleben. Der Bundespresseball, der Frankfurter Opernball und der Semperopernball sind drei populäre Beispiele. »Und auch große Fürstenhäuser geben noch heute einen Debütantenball, um ihre Töchter zum 18. Geburtstag in die Gesellschaft einzuführen. Natürlich alles hinter verschlossener  Man verkehrt schließlich unter seinesgleichen«, sagt Linna Nickel. Die Journalistin ist stellvertretende Leiterin des Ressorts Adel bei Bunte und beobachtet die Szene seit Jahren. »Ein Ball ist ein Schaulaufen der feinen Gesellschaft. Gleichzeitig ist er so etwas wie ein Gradmesser der eigenen Wichtigkeit: Wo stehe ich? Und für den Adel gilt: Paare finden sich auch heute noch gemäß der Tradition auf einem Ball.«

In Paris hat sich über die Jahrhunderte ein Debütantenball der Extraklasse etabliert. Alljährlich findet »Le Bal« statt – Hollywoodstars und Hochadelige präsentieren hier ihre nun erwachsenen Töchter. Teilnehmen darf nur, wer »on Invitation« dazu ausgewählt wurde. Reinkaufen? Keine Chance. 1996 sind sich hier Karl-Theodor zu Guttenberg und seine spätere Gattin Stephanie (geborene Gräfin von Bismarck-Schönhausen) nähergekommen. Legendär ihr Auftritt à la Marie Antoinette in einem Kleid von Christian Lacroix.

Die große Ballnacht – sie hat über die Jahrhunderte nichts an Strahlkraft eingebüßt. »Wenn man so will, erleben wir eine Rückkehr zur Tradition. Neben Hochzeiten ist ein Ball die einzige Gelegenheit, sich richtig schick zu machen sowie Etikette und Höflichkeit walten zu lassen. Der Wunsch nach diesen Werten wird in unserer schnelllebigen Zeit immer größer«, sagt Linna Nickel. »Ein Ball ist immer inszenierte Festkultur. Natürlich ist es fragwürdig, mit unserem heutigen Hang zum Rationalismus und Funktionalismus weiterhin Bälle zu feiern. Aber die Menschen sind eben fasziniert von solchen Inszenierungen«, sagt Monika Fink. Es ist eben das große Phänomen des Festes.

von Kira Brück
(Erschienen im Magazin GLANZ zum 67. Bundespresseball, August 2018)

Dürfen Ballroben bunt sein?

Oh ja, sie sollen sogar. Wir sagen: Nieder mit der Dauervernunft und dem ewigen Schwarzgraudunkelblau! Ein Plädoyer für mehr Mode-Mut und Spaß bei der Farbwahl.

„Was ziehe ich bloß an?“ Die Dame, die demnächst auf einen Ball geht, macht sich natürlich so ihre Gedanken. Der galante Ballbegleiter hat es da leichter: großer Gesellschaftsanzug, schon steht das Outfit. Die Sache mit dem Kleid ist indes verzwickter. Die Dame will schließlich nicht zu sehr auffallen. Aber auch nicht als Mauerblümchen durchgehen. Sophisticated wirken wäre schön, souverän sowieso! Also schwarz. Oder dunkelblau. Damit macht sie nichts falsch. Denkt sie.

Modisch sind wir heute in einem merkwürdigen Konsens angekommen: Bloß nicht zu viel Inszenierung, wenn es um die Garderobe geht. Bloß nicht anecken, aus dem Rahmen fallen. Zurückhaltung, bitte! Irgendwie schade. „Gedeckte Farben haben unseren Alltag übernommen: Autos sind anthrazit, unsere Alltagskleidung blau, sogar Kinderwagen sind zunehmend in neutralen Tönen gehalten. Dabei sind große Events wie der Bundespresseball für Frauen eine Gelegenheit, endlich wieder Mode-Mut an den Tag zu legen und zwischen den befrackten Männern hervorzustechen“, sagt Henriette Kuhrt, Stil-Kolumnistin der NZZ am Sonntag. Sie fordert: „Schluss mit der Dauervernunft, Seriosität und Unangreifbarkeit, die einem ein dunkles Kleid vermittelt – bunte Roben stehen für Glamour, Weiblichkeit und Lebenslust!“ In der Tat: Die Herren erscheinen ja fast uniformiert, sie lassen den Damen den Vortritt. Frauen mit ihren Roben sind auf einem Ballgeschehen die Hauptattraktion. Aber wie soll das gehen, ganz in grau oder schwarz?

„Viele vergessen, dass bunte Kleidung das Gesicht ganz anders in Szene setzt. Man sieht gleich viel gesünder und besser gelaunt aus. Und: Farbe streichelt die Persönlichkeit“, sagt Daniel Wingate, Modeschöpfer aus München. Der gebürtige US-Amerikaner hat u.a. für Strenesse und Hugo Boss entworfen, bei Escada war er lange Chefdesigner. Seit einem Jahr kreiert er für sein eigenes Label Wingate. „Dunkle Töne geben Sicherheit und lassen die Trägerin häufig dünner wirken. Aber Schwarz ist für mich wenig feminin und eher etwas für eine Beerdigung. Bei einem Ball feiert man doch das Leben!“ Wingate plädiert für mehr Freude an der Weiblichkeit. Denn gute Schnitte schmeicheln jedem Frauenkörper und allen Größen. Seine Kollektionen sind ein Beweis dafür. Und wer ein außergewöhnliches Kleid trägt, strahle gleich mehr Stolz und ein gewisses Standing aus. „Ein vom Schnitt her banales Kleid kann mit einer tollen Farbe eine unglaubliche Wirkung entfalten. Ein banaler Schnitt in schwarz ist tatsächlich einfach nur banal“, sagt der Designer.

Also: Mut tut gut! Raus aus der Comfortzone, weg vom Immergleichen. Und mehr Spaß an Mode, am Experimentieren. Angst vor einem Fashion-Fettnapf? Bracht es nicht. Denn: „Wenn das Kleid gut sitzt und aus einem eleganten Material besteht, kann nichts schief gehen. Ich würde nur von den pastelligem Eiskunstlauf-Polyester-Bomben mit Stickereien abraten“, sagt Stil-Expertin Henriette Kuhrt. Auf der anderen Seite: Ist nicht fast alles besser, als auf so einem Höhepunkt des gesellschaftlichen Kalenders bieder zu erscheinen? Übrigens gibt es ein deutliches Indiz dafür, dass die Ära der Zurückhaltung in der Mode nun zu Ende geht. Im Juni gab die italienische Marke Bottega Veneta nach 17 Jahren die Trennung von ihrem Designer Tomas Maier bekannt. Der hatte Legenden wie die handgeflochtenen Cabat-Taschen aus Leder geschaffen. Die Weltmarke stand für schlichte Eleganz und Diskretion. Ein Logo auf den Taschen? Fehlanzeige. Knallige Farben? Niemals. Jetzt also ein Kurswechsel. Es muss krachen, um mit Marken wie Gucci, Yves Saint Laurent und Balenciaga mithalten zu können.

Also die Damen, es wäre hinreißend, wenn Sie keine Lust mehr dazu hätten, durch Verzichtsästhetik zu punkten. Sie sind schon fast überzeugt? Na gut, ein letztes Argument hat Henriette Kuhrt noch: „Viele Designer sind dazu übergegangen, Farben einzusetzen, weil sie besser auf dem Bildschirm wirken – nach dem Motto ‚The screen has to scream‘. Wenn Sie sich hinterher auf Instagram oder in der Presse wiederfinden wollen, dann haben Sie mit einem farbigen Kleid eindeutig bessere Chancen.“

von Kira Brück
(Erschienen im Magazin GLANZ zum 67. Bundespresseball, August 2018)

Tanzende Moleküle

Wer sich regelmäßig bewegt, lebt gesünder. Aktuelle Studien zeigen, welche Vorteile speziell das Tanzen für Körper und Geist hat. Was genau passiert im Körper, wenn wir tanzen?

Forscher der Universität Magdeburg haben die körperlichen und physischen Auswirkungen von klassischem Paartanz im Vergleich zu monotonen Fitnessprogrammen umfassend untersucht. Das Ergebnis der Studie: Männer und Frauen, die drei Mal pro Woche ein spezielles Tanzprogramm absolvieren, altern langsamer, verbessern maßgeblich ihren Gleichgewichtssinn und verringern schwere Komplikationen bei Stürzen. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass regelmäßiges Tanzen zu einem deutlichen Anstieg des Proteins BDNF im Blut führt. »Diesem Protein wird ein Einfluss auf das Nervenwachstum zugeschrieben«, erläutert die leitende Sportwissenschaftlerin Professorin Dr. Anita Hökelmann. Das Fazit der Forscher: Tanzen kann die Bildung von neuen Nervenzellen und Nervenbindungen mehr unterstützen als ein monotones Fitnesstraining.

Beim Tanzen werden Körper und Geist gleichzeitig angesprochen. Es fördert die Aufmerksamkeit und erhöht die Konzentration. Um die vielen verschiedenen Sinneseindrücke aufzunehmen und miteinander zu kombinieren, arbeitet das Gehirn beim Tanzen auf Hochtouren. Während die Füße bestimmte Schritte gehen, lauschen die Ohren der Musik. Gleichzeitig müssen dabei immer wieder feine Bewegungssignale mit dem Tanzpartner abgestimmt werden. Schließlich soll es auf dem Parkett nicht zu einem Zusammenstoß mit anderen Paaren kommen. Durch die verschiedenen schnellen und langsamen Bewegungswechsel und die Gewichtsverlagerungen von einem auf das andere Bein wird nebenbei auch noch die allgemeine Koordinationsfähigkeit trainiert. »Tanzen ist eine Sportart, die konditionelle, koordinative und kognitive Leistungen erfordert und soziale Interaktionen fördert«, so Professorin Hökelmann.

Wie bei jeder Form der Bewegung werden auch beim Tanzen körpereigene Glückshormone ausgeschüttet, die sogenannten Endorphine. Endorphine sind vom Körper produzierte Opioide, die unter anderem Empfindungen wie Hunger oder Schmerz regulieren. Sie werden mit dafür verantwortlich gemacht, dass bestimmte körperliche Anstrengungen ein Glücksempfinden hervorrufen. Darüber hinaus vermindert Tanzen Cortisol und vermehrt Testosteron im Blut. Mit anderen Worten: Stress wird abgebaut und Lebensfreude erhöht.

von Judith Pfaller
(Erschienen im Magazin GLANZ zum 67. Bundespresseball, August 2018)