Rückblick

12. April 2024

Impressionen 2024

Bilder zum privaten Gebrauch, andere Verwendungen bitte erfragen

Über 70 Jahre und kein bißchen leise

Die Geschichte des Bundespresseballs

Februar 1951 Bundeshaus Bonn | November 1951 – 1958 Kurhaus Bad Neuenahr | 1959 – 1988 Beethovenhalle Bonn | 1989 – 1998 Maritim Hotel Bonn | 1999 – 2013 Hotel InterContinental Berlin | 2014 Haupthalle Flughafen Tempelhof Berlin | 2015 – 2024 Hotel Adlon Kempinski Berlin

Bundesregierung Egon Steiner - Bundespresseball 1959
Bundespresseball Berliner Baer
1954 – Josephine Baker auf dem Bundespresseball in Bad Neuenahr

Präsidenten-Gattin Elly Heuss-Knapp war es zu laut. „Schluss mit der Musik!“ fordert sie. Doch der erste Mann im Staate, Bundespräsident Theodor, der zugleich der ihre war, vergnügt sich sichtlich weiter, geniesst den ersten großen Ball, den die Republik in ihrer jungen provisorischen Hauptstadt feiert. Das war am 2. Februar 1951 – der Geburtsstunde des Bundespresseballs, auch wenn er damals noch „Presse- und Funkfest“ heißt. Fast 75 Jahre später ist der Bundespresseball inzwischen ein feste Größe im gesellschaftlichen Leben der Republik, nur jetzt in Berlin. Vom Bundeshaus zum Adlon, von Heuss zu Steinmeier, von Bonn nach Berlin, vom Smoking zum Frack (und zurück), vom Walzer zu Hip Hop – in über 70 Jahren Bundespresseball spiegeln sich Kontinuität und Wandel, Nüchternheit und Glanz, Tiefen und Höhen unserer Gesellschaft.

Gesellschaftliches Event und politisches Signal für die Pressefreiheit

Längst ist der Ball aber nicht nur Event und gesellschaftliches Parkett, sondern auch ein politisches Ereignis. Der Gastgeber, die Bundespressekonferenz, stellt sehr bewusst der Ball unter das Motto: Für die Pressefreiheit! Die Mitglieder der BPK, die Korrespondenten und Korrespondentinnen der deutschen Medien in Berlin, machen damit nicht nur auf die veränderten Arbeitsbedingungen für den Journalismus im eigenen Land aufmerksam, sondern richten auch immer wieder den Blick in die Welt: auf Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine, dem Iran oder Russland. Und sie richten den Blick auf Unterdrückung und Zensur.

Geliebte und beliebte Traditionen

Und dennoch ist der Bundespresseball immer auch ein Stelldichein des Sehen und Gesehen werden. Das ist schon in den Anfangsjahren so. Wer trägt welches Kleid, wer kommt mit wem – all das gehört zum Ball wie früher die Tombola und heute die mitternächtliche Currywurst. Genauso wie der Eröffnungswalzer zum Bundespresseball zwar nicht ins Grundgesetz geschrieben, aber längst bewährte Tradition ist. Einigen treibt der Pflichttanz mit der Frau des Gastgebers – die Gattin des Vorsitzenden der Bundespressekonferenz – sichtbare Schweißperlen auf die Stirn, zumal nicht nur die bunten Blätter sondern die halbe Republik per Fernsehen – oder heute Social Media – jede Schrittfolge verfolgt und bewertet.

Die Bonner Jahre

Zwei Städte und sechs Veranstaltungsorte – der Bundespresseball ist geradezu behäbig in seiner Ortswahl. Vom Anfang im Bonner Bundeshaus erst der Wechsel in die Beethoven-Halle. Kein Prachtbau, aber mit seinem großen Ballsaal und den vielen Nischen und Ecken ein guter Platz zum politischen Austausch. Später geht es dann ins Hotel Maritim – moderner und größer. Mit der deutschen Einheit kommt auch für den Bundespresseball der große Umzug an die Spree. Die „Bläck fööss“ singen zum Abschied „Mer losse d’r Dom en Kölle“. Da heult nicht nur Norbert Blüm. Der Umzug wird zum Glücksfall für den Ball. Der leicht verstaubte Mief der Bonner Republik fällt auch vom Bundespresseball ab.

Die Berliner Jahre

Schon nach zwei Jahren, beim 50. Jubiläum im Jahr 2001, vermelden viele Zeitungen in der wiedervereinigten Republik: „Der Bundespresseball ist zum gesellschaftlichen Ereignis in Berlin geworden.“ Frischer Wind zieht mit dem Ball auch in das Interconti ein, das Luxushotel in der Budapester Straße, in das der Ball nun seine vieltausendfachen Gäste bittet. Nicht nur die elegante Deko, auch die Ballroben der Damen zeigen Hauptstadt-Niveau. Hinzu kommt, dass das unfeierliche Kramen in Geldbörsen durch das neue All-Inclusive-Konzept endlich entfällt. Aber nichts ist für ewig. 2014 zieht der Ball in die historische Abflughalle des Tempelhofer Flughafen. Ein Versuch, ein neuer Akzent wird getestet. Doch dem rauen Charme des riesigen Gebäudes erliegen nicht alle Gäste. Und so findet schon nach einem Jahr der Ball 2015 seine jetzige Heimat – das traditionsreiche Hotel Adlon Kempinski in der Mitte Berlins.

Zukunft und Tradition

Mit dem „Adlon“ am Brandenburger Tor hat der Ball nun eine Adresse, die nicht nur bei Publikum und Öffentlichkeit gut ankommt, sondern auch an eine alte Tradition anknüpft: Hierhin lädt schon der Verein der Ausländischen Presse die Größen der Weimarer Republik zu Tanz und Ballgeflüster ein. „Einen besseren Ort für den Ball gibt es nicht“, schwärmen viele der 2.300 Gäste auch heute. Und auch die Gastgeberin, die inzwischen 75-jährige Bundespressekonferenz, wünscht sich eine erfolgreiche Zukunft für dieses gesellschaftliche Ereignis, das gleichzeitig die größte Kundgebung für die Pressefreiheit darstellt – jedes Jahr.

Diese Geschichte des Bundespresseballes basiert auf einem Text von Dr. Sönke Petersen
Erschienen im GLANZ Magazin, August 2016

Danksagung
Der Bundespresseball dankt der Bundesbildstelle des Presse- und Informationsamtes für die zahlreichen Archivbilder, mit denen wir Sie auf eine Reise durch die Zeit mitnehmen dürfen!

Über den Autor
Sönke Petersen, promovierter Politologe, war von 1976 an mehr als 35 Jahre Mitglied der Bundespressekonferenz in Bonn und in Berlin, die meiste Zeit als Korrespondent der Münchner Abendzeitung. Später arbeitete er für „Blickpunkt Bundestag“ und das Bundestagsfernsehen.

 

Bundesvizepräsident Carlo Schmit (2. v.l.) verliest die Gewinner der Tombola (Bundesregierung / Munker 1955).
Bundespressebal Unterberg 1959
Der Bundespresseball 1959 – erstmals in der Bonner Beethovenhalle unter dem Motto „Bonnaparte“ (Bundesregierung / Unterberg 1959).
Bundespresseball mit Regierung Steiner 1960
Nadja Tiller, Schauspielerin, im Gespräch mit ihrem Ehemann Walter Giller, Schauspieler, beim Bundespresseball in der Beethovenhalle (Bundesregierung / Steiner 1960).
Bundespresseball Graefingholt 1968
Willy Brandt, Bundesminister des Auswärtigen, tanzt mit seiner Ehefrau Rut auf dem Bundespresseball in der Beethovenhalle (Bundesregierung / Gräfingholt 1968).
Bundespresseball mit Willy Brandt 1970
Bundeskanzler Willy Brandt werden beim Bundespresseball in der Beethovenhalle „Willys gesammelte Witze“ präsentiert. (Bundesregierung / Lothar Schaack 1970)
DSGVO Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner