Wissenschaftsjournalismus hat es nicht immer leicht. Komplizierte Sachverhalte, eine weithin unverständliche Sprache, Fachwörter. Dass das nicht so sein muss, zeigt der »Coronavirus-Update«-Podcast des NDR. Korinna Hennig, Katharina Mahrenholtz und ihr Team interviewen darin seit Februar 2020 den Virologen Christian Drosten. Ausführlich und tiefgründig. Ein Beitrag für das öffentliche Verstehen der Pandemie, ihrer Entwicklung und ihrer Zusammenhänge. Der Preis der Bundespressekonferenz geht ganz bewusst an die Macherinnen und Macher des Podcasts – zeichnet er doch die wissenschafts-journalistische Leistung aus.
Am Anfang stand eine Idee – entwickelt im NDR-eigenen AudioLab »Think Radio«. Die Pandemie anders erklären, ausführlicher, war die Aufgabe, mit der das Team des Podcasts auf Christian Drosten zuging und ihn für dieses ungewöhnliche Projekt gewann. Nicht selbstverständlich – welcher Wissenschaftler nimmt sich schon regelmäßig die Zeit und hält diese Verabredung dann auch verlässlich ein? Das Team des NDR um Korinna Hennig und Katharina Mahrenholtz hat damit nicht nur einen medialen Meilenstein im Wissenschaftsjournalismus geschaffen, sondern auch eine Informationsquelle, die zeitweise zu einer der wichtigsten rund um das Pandemiegeschehen avancierte.
»Diese 30-Minuten-Clips ersetzen ein halbes Virologie- oder Epidemiologie-Studium«, schrieb die Frankfurter Rundschau schon im März 2020. Nicht selten war eine Aus- oder Vorhersage von Christian Drosten eine Meldung in den Nachrichtensendungen der Republik. Die Moderatorinnen stellten Fragen und Drosten antwortete. Oft lang und ohne unterbrochen zu werden. Ist das noch Journalismus? Lebt so ein Interview nicht vom Unterbrechen, vom Hinterfragen, vom Widerspruch? Der NDR-Podcast geht einen anderen Weg. Seine Darstellungsform ist erklärend. Und er wird so zu einer Art Ratgeber – für die Menschen und die Politik.
Die Macherinnen und Macher um Hennig und Mahrenholtz haben sich immer wieder mit der Frage beschäftigt, ob ihre Form die richtige ist, und haben sie so beantwortet: Dieser Podcast steht zwar für sich, aber doch nicht alleine. Drosten ist nicht die alleinige Quelle der Berichterstattung des NDR, sondern eine Stimme eines vielstimmigen Diskurses. Und sie haben den Podcast immer wieder »renoviert«. Nach der anfänglich sehr hohen Schlagzahl mit täglichen Interviews reduzierten sie die Erscheinungsintervalle auf wöchentlich. Nach einer Pause im Sommer 2020 kam der Podcast im Herbst mit einer zusätzlichen Besetzung zurück. Neben Christian Drosten war im Wochenwechsel jetzt auch Sandra Ciesek, die Leiterin des Institutes für Medizinische Virologie an der Uniklinik Frankfurt, mit an Bord.
Inzwischen gehört der »Coronavirus-Update«-Podcast zu den erfolgreichsten Formaten seiner Art. Im Frühjahr 2021 – gut ein Jahr nach dem Start – vermeldete der NDR bereits über 100 Millionen Abrufe.
Von Mathis Feldhoff
Erschienen im GLANZ Magazin, Dezember 2021
Foto Korinna Hennig (links): NDR/Christian Spielmann
Foto Katharina Mahrenholtz (rechts): Katja Nitsche